Dichter als wie Goethe

dichteralsgoethe1bAls ich für meine im Januar 2007 in der Barrikade gestartete Veranstaltungsreihe einen Titel brauchte, suchte ich nach einen Namen, der massiven Alkoholkonsum mit literarischem Anspruch verband. Die Barrikade war nämlich berüchtigt für gute Ausschankquoten. Schnell kam ich auf eine Formulierung aus meinem damals bereits verworfenen, unvollendet gebliebenen Romanprojekt Mein Leben als Currywurst. Ausgehend von der Personenkonstellation um den versoffenen Erfolgsschriftsteller Klaus-Günther, die erstmals 1997 in meinem Kurzprosaband Vogel sucht Fallschirm auftauchte, schrieb ich anfangs Kurzgeschichten und ab 2002 eine Art Episodenroman. Mitte 2001 ist dafür die Story Ansichten eines Klassenclowns entstanden, die folgenden Absatz enthält:

Ich fragte ihn darauf, wann er das letzte Mal gekotzt hätte, und schon war er umgestimmt. Natürlich konnte ich mich noch gut daran erinnern, wie er mal in ein Sieb gebrochen hat, sagte aber nichts, schließlich war ich daran nicht ganz unschuldig, schließlich sollte ich ihm einen Topf holen, war jedoch selber dichter als Goethe. Peinlich war nur, daß Klaus-Günther auf dem Bett der Gastgeber lag, die uns danach auch nie wieder eingeladen haben.

Die Geschichte mit dem Sieb ist einem Freund während meiner Schulzeit passiert. Ich selber war nicht zugegen. Die Wendung  »Dichter als Goethe« kam mir beim Verfassen des Textes in den Sinn. Ob sie bereits vorher irgendwo zu finden ist, weiß ich nicht. Sicher ist, dass sie seit 2007 auf Flyern und Plakaten steht und seit fünf Jahren Titel eines meiner Bücher ist. Immer wieder bin ich seitdem an anderen Stellen auf »Dichter als Goethe« gestoßen, zuletzt gestern auf einen Kalenderblatt, das ein Graffito auf einem Wiesbadener Wartehäuschen zeigt: »Ich bin dichter wie Goethe«.

Jedes Mal überlege ich, ob dies Zufall ist, also ob meine Idee doch nicht so originell war oder ob sich die Wendung einfach nur verselbständigt hat. Schließlich taucht der Titel ja seit über elf Jahren regelmäßig in Zusammenhang mit mir in Programmzeitschriften etc. auf. Allerdings wundert mich an manchen Stellen die Herleitung. Lediglich über den Suff zu kommen (»Egal wie dicht Du bist, Goethe war Dichter.«), finde ich irgendwie sehr platt. Der Witz entfaltet sich doch erst über die Verbindung zur Literatur. Wer mehr dazu weiß oder ebenfalls auf die Idee kommt, kann gern einen Kommentar hinterlassen oder mir eine E-Mail schreiben. Ich würde es wirklich gerne wissen.

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