Frau im Mond

In Fritz Langs großartigen, aber nur noch Eingeweihten und arte-Zuschauern bekannten letzten Stummfilm Frau im Mond wird eine Rakete zum Mond geschossen. Die Bilder sind eindrucksvoll, einige technische Details sogar bemerkenswert, wäre nur die Geschichte nicht so hanebüchen, aber das haben die Drehbücher, die Thea von Harbou für Fritz Lang geschrieben hat, leider immer an sich: Die Visionen sind stark, doch die Handlung ist Murks, auch wenn sie durchaus spannend ist.

Optisch ist der Film auf der Höhe seiner Zeit. Die gezeigte Technik ist modern wie die Innenarchitektur mit abstrakten Gemälden an den Wänden. Doch die Sprache ist geschwollen und abgeschmackt, wie die endlose Vorgeschichte. Da hat ein über die Jahre etwas seltsam gewordener und vor allem verarmter Professor die Theorie, daß es auf der erdabgewandten Mondseite Sauerstoff, Wasser und jede Menge Gold gebe, was von der Fachwelt lange belacht wurde. Und trotzdem gibt es Versuche, dem Professor sein Lebenswerk abzunehmen. Dabei steht anscheinend längs ein Rakete bereit, um die Theorie durch praktische Anschauung zu überprüfen.

Dann gibt es noch zwei junge Ingenieure, die beide die gleiche Frau lieben, eine Astronomiestudentin. Mit dem einen ist sie verlobt, der andere besitzt eine Flugwerft und das nötige Großgeld. Mittels Bombenanschlägen auf diese Werft und den zeitweiligen Diebstahl der Konstruktionspläne drängt sich noch eine miese Type mit in Team, die zudem Vertreter der Goldlobby ist, welche verhindern will, daß das Mondgold ihre Preise kaputt macht.

So startet man also zum Mond, eine Maus, sowie ein netter Straßenjunge als blinder Passagier sind auch noch an Bord. Den Countdown, wie er noch heute üblich ist, hat Fritz Lang für diesen Film erfunden, um die Spannung zu steigern. Die Rakete wird vor dem Start in eine riesiges Wasserbassin getaucht, damit sie nicht heißläuft. Dann geht’s also los, der Kampf mit dem Andruck wird zur Qual. Zentnerlasten drücken die Besatzung in ihre Liegen, weshalb alle zwischenzeitlich in Ohnmacht fallen. Schließlich fliegt die Rakete schnurstracks und mit elf Sekundenkilometern gen Mond. Zwischendurch herrscht an Bord sogar Schwerelosigkeit, weshalb es auch überall Schlaufen wie in der U-Bahn gibt, aber nicht nur für die Hände, sondern ebenfalls für die Füße. Selbst das Cognactrinken erweist sich als schwierig, doch da so ein richtiger Astronaut zwischendurch mal ein Schlückchen braucht, wird welcher aus der Flasche geschüttelt und die dann im Raum schwebenden Blasen werden einfach mit dem Glas eingefangen.

Die Gruppe entzweit sich im Streit, ob man wirklich das Risiko einer Landung auf dem Mond wagen sollte, da befindet man sich bereits auf der Mondumlaufbahn. Selbst als die Rakete aufgekommen ist, wird noch diskutiert, ob man überhaupt aussteigen sollte, das Ergebnis der Luftprobe läßt auch noch auf die warten. Der Professor schlüpft heimlich in einen Skaphander, was eigentlich einen Tauchanzug bezeichnet (und so sieht das Ding auch aus), und steigt per Strickleiter hinab auf die Mondoberfläche, die aus der Luke betrachtet arg nach Eierkuchen ausschaut, beim Betreten jedoch eher an Ostseesand erinnert (und es soll auch eine ganze Güterzugladung nach Babelsberg geschafft worden sein). Nachdem der Professor erfolgreich ein paar Streichhölzer entzündet hat, nimmt er sich die Glocke vom Kopf und zückt eine Wünschelrute, mit der er Wasser findet und obendrein Gold. Leider stürzt er in ein tiefes Loch und ward nicht mehr gesehen.

Der wie Hitler ohne Bärtchen aussehende Bösewicht will mit dem Gold und ohne die anderen zurück zur Erde fliegen. Es kommt zu einer Schießerei, die nicht nur den Bösen erwischt, sondern auch den Sauerstofftank, weshalb nicht alle zurückfliegen können. Weil man’s ja nicht eilig hat, wird endlos geknobelt, wer denn nun bleiben muß, dann aber bleiben zwei andere. Der Film endet dramatisch, aber durchaus romantisch, zwei Liebende allein auf dem Mond.

Frau im Mond ist eine utopische Abenteuerstory mit Schatzsuchcharakter. Die Bildsprache ist großartig, doch die Handlung verzettelt sich. 160 Minuten sind einfach zu lang, wenn auch kurzweilig. Doch das eigentlich Spektakuläre, nämlich der Flug zum Mond gerät total ins Hintertreffen. Man hätte auch zu einem unbekannten Kontinent fahren können. Eine spätere Rettung ist in Aussicht. Gut, dann kann man ja auch immer noch wissenschaftliche Forschung betreiben. Anderseits reicht ja vielleicht auch die theoretische Schrift des unter Gold begrabenen Professors.

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