Mach den Bibo!

Ostbahnhof, gegen Mitternacht:
lichtenberg
Gut, daß wir in die andere Richtung wollten.
Gekommen sind wir von einem wunderbaren Konzert, das Olli Schulz gestern im Ostbahnhof gegeben hat. Ich schätze ihn ja schon seit einigen Jahren, habe ihn aber unverständlicherweise immer wieder aus meiner Musikbox im Kopf verdrängt. Sein neues Album Es brennt so schön hat aber längst einen Stammplatz darin erobert. Das ist deutschsprachiger Pop wie er sein soll und gefälligst überall gehört werden sollte. Olli Schulzens Auftritt bei Stefan Raabs Bundesvision Song Contest, wo er immerhin den dritten Platz gemacht hat, war der einzige Lichtblick dieser drögen Dauerfernsehsendung, und trotzdem ist seine dort dargebotene Gutelaunenummer Mach den Bibo bei den Fans umstritten.ollischulzplakat Und auch Schulz selber scheint so seine Probleme mit dem Quatschsong zu haben. Er hat ihn erst als allerletzte Zugabe eines berauschenden Konzertes gegeben und wohl auch, weil in der ersten Reihe ein zirka achtjähriges Mädchen stand, das sich dieses Lied gewünscht hat und wohl auch genau deswegen gekommen war. Mach den Bibo kann vielleicht nicht mit der Feinsinnigkeit der anderen Stücken von Olli Schulz und auch nicht mit seinen liedermacherischen Ansprüchen mithalten, aber es zeigt, was für ein großartiger Künstler er ist: Er ist in der Lage, schöne, irgendwie anspruchsvolle Lieder zu schreiben, bedient jedoch auch die niederen Bedürfnisse eines Partypublikums. Mach den Bibo könnte der Sommerhit des Jahres werden, voll Mainstream ey, aber wahrscheinlich ist es trotz seiner albernen Leichtigkeit immer noch zu intelligent für die Fanmeilen dieser Welt. Das mag die übrigen Bedenkenträger und Gralshüter der guten Geschmacks beruhigen, doch unserer Gesellschaft ginge es besser, wenn mehr Menschen Olli Schulz kennen würden. Der ist nämlich nicht bloß ein begabter Songschreiber, der gerade mit einer fantastischen Band durch Deutschland tourt, er ist auch ein wunderbarer Entertainer, zu dessen Hauptdisziplinen Sympathie und Selbstironie zählen. Schön, wie er gestern mit uns Publikum die Antwort auf die Frage »Seid Ihr gut drauf?« geübt hat: Möglichst kurz und trocken »Nö!« zurückrufen. Er empfahl uns, das dann beim nächsten Konzert der Guano Apes zu praktizieren. Doch wer geht schon zu den Guano Apes, solange es Musiker wie  Olli Schulz gibt?

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