Heute vor 50 Jahren ging die ZDF-Hitparade auf Sendung. Bevor ich ihr regelmäßiger und leidenschaftlicher Zuschauer wurde, sollten noch einmal gut zehn Jahre vergehen. Aber heutzutage lässt sich auch längst Vergangenes zurück auf den Bildschirm zaubern. Daher erlaube ich mir eine oberflächliche und doch beispielhafte Betrachtung.
Film & Fernsehen
Das unsichtbare KZ und Schindlers Fabrik

Auf dem großen Platz, an dem der Verkehr mehrspurig vorbeilärmt, stehen 33 überdimensionierte Stühle aus Bronze. Geometrisch angeordnet, sind sie ein beliebtes Fotomotiv fröhlicher Touristen. Dabei stellen sie ein Symbol dar für eine ewige Leerstelle. Denn die Besitzer der originalen Möbelstücke, die hier im März 1943 abgestellt wurden, haben sich nie wieder auf ihnen niederlassen können. Sie wurden in das nahegelegene Arbeitslager und spätere KZ Płaszów verschleppt oder gleich von der SS erschossen. Continue reading
Miami Weiss
Schon immer meine Lieblingsfarbe. Auch als Fernsehserie. So überzeugend wie Don Johnson hat selten ein Mensch einen Blumentopf verkörpert.
Der Ins-Bild-Latscher
Ich war neulich im Fernsehen. Live im RBB. In meiner Lieblingssendung, der Berliner Abendschau. Großaufnahme meiner Fresse. Berichtet wurde von einer Feier, deren Gast ich sein durfte. Das Literarische Colloquium in Wannsee feierten seinen fünfzigsten Geburtstag, und viele prominente Autoren, die ich teilweise sehr verehre, waren gekommen. Aber wer war im Fernsehen? Icke. Continue reading
Hotte or Notte
Im Fernsehen läuft auf allen Kanälen die Obercastingshow Hotte or Notte. Und wir kauen auf schwarzen, roten und gelben Bären rum. Die Spannung singt ein klebriges Lied.
Die Notte hat es nicht geschafft. Dafür ist Wolfsburg Fußballmeister. Wolfsburg! Die Autostadt. Und nächstes Jahr wird Legoland Weltmeister, wir werden uns noch wundern.
Mit links
Hurra! Deutschlands Großpoet Durs Grünbein hat vorm Fernseher Obama beim Unterschreiben zugeschaut und dabei bemerkt, daß „dieser Mensch Linkshänder ist“. Und jetzt hofft Grünbein, „dass mit ihm der erste Dialektiker der amerikanischen Geschichte ins Weiße Haus einzieht“. Doch nicht, weil dieser Mensch Linkshänder ist, oder? Wo doch zumindest James A. Garfield, Herbert Hoover, Harry Truman, Gerald Ford, Ronald Reagan, George Bush d. Ä. und Bill Clinton auch mit links unterschreiben bzw. unterschrieben haben. Al Gore und John McCain übrigens auch.
Wer säuft hat Recht
Spiegelonlein berichtet, Hugo Egon Balder plane eine Saufshow mit Prominenten. Die solle Der Klügere kippt nach heißen. Die Idee erinnert sehr an das Konzept von Max Goldts Radiotrinkerin. Direkt darunter findet sich die Meldung, in Ulm sei ein Orthopäde im Operationssaal betrunken zusammengebrochen, nachdem er einem Patienten ein neues Hüftgelenk eingesetzt hatte. Er habe abends Rotwein getrunken und nachts, weil er nicht schlafen konnte, noch ein paar Quittenschnäpse hinterhergekippt. Da er ja pflichtgemäß seiner Arbeit nachgegangen und erst dann zusammengeklappt ist, kann ich in diesem Geschichtchen nichts Skandalöses finden. Continue reading
Frau im Mond
In Fritz Langs großartigen, aber nur noch Eingeweihten und arte-Zuschauern bekannten letzten Stummfilm Frau im Mond wird eine Rakete zum Mond geschossen. Die Bilder sind eindrucksvoll, einige technische Details sogar bemerkenswert, wäre nur die Geschichte nicht so hanebüchen, aber das haben die Drehbücher, die Thea von Harbou für Fritz Lang geschrieben hat, leider immer an sich: Die Visionen sind stark, doch die Handlung ist Murks, auch wenn sie durchaus spannend ist.
Six Feet Under
Gestern lief die allerletzte Folge von Six Feet Under, die ich für eines der besseren Erzeugnisse Fernsehschaffender halte. Das, was damals als Comedyreihe über eine Bestatterfamilie angekündigt wurde, hat sich als eine teilweise an Grenzen gehende Familienserie herausgestellt, die sich Zeit für die Entwicklung ihrer Figuren nimmt und immer auch ihre Ängste und Wünsche dokumentiert, so daß sie mit der Komplexität eines Romans durchaus mithalten kann. Continue reading
Heimwerkerkino
RTL zeigt Roland Emmerichs Eiszeit-in-48-Stunden-Drama The Day After Tomorrow, in dem nicht nur viel einfriert, sondern zudem so einiges kaputtgeht. Präsentiert wird der Film von Bauhaus („Wenn’s gut werden muß“). Ist das eine neue Form von Suggestivwerbung? Man sieht im Fernsehen Zerstörungen und wird in regelmäßigen Abständen daran erinnert, endlich mal wieder heimzuwerken. Und Wärmedämmstoffe gibt’s beim Baumarkt ja auch. Bei diesem Film hätten sich allerdings noch weitere Werbepartner angeboten, angesichts der zwecks Hitzeerzeugung verbrennenden Bücher wäre sogar Amazon in Frage gekommen, Slogan: Ist Dir Dein altes Buch verbrannt, bestell ein neues beim Versand.