Zu WM-Zeiten hat man spätestens ab eins einen Grund, den Fernseher einzuschalten. Oder den Livestream. Oder das Radio. Oder man geht gleich in die Kneipe. Früher, so vor fünfzehn Jahren, mußte man sich in gewissen Kreisen noch rechtfertigen, warum man bei Schwarzrotgold mitfiebert, wo ja die andere Länder viel schöneren Fußball spielen könnten. Na ja.
Heute muß man schon viel Geduld haben, um sich uneingeschränkt einer Partie zu widmen. Oder waren Gruppenphase immer gurkig? Ich erinnere mich jedenfalls noch gut an jenen Sommertag vor vier Jahren, wo wir zu lange am Flughafensee gelegen haben und dann eilig durch Reinickendorf und Wedding geradelt sind, auf der Suche nach einem öffentlichen Fußballguckort, möglichst unter freiem Himmel. Schließlich trat Frankreich gegen die Schweiz an, da hatten wir uns ein gutes Spiel erhofft.
Gelandet sind wir damals schließlich in der stickigen Hütte vom Bootsverleih am Plötzensee, vor einem kleinen Fernseher mit zwei schnatternden, älteren Blondinen – kieken aber nur, wenna och wat trinkt –, der Sonne im Nacken, einem kleinem Hund mit viel Fell, der bevorzugt unter meinem Stuhl hockte, und einem Ex-Fremdenlegionär mit Basecap und Knasttattoos, der in regelmäßigen Abständen durchs Bild schlurfte, um beispielsweise Eiswürfel ins Aquarium schüttete, damit die Fische nicht so schwitzen. War ja och janz schön warm da, das Nullzunull dafür jedoch weitaus unterhaltsamer, als wenn wir es woanders geguckt hätten.