Jetzt bin ich also angekommen und habe Quartier bezogen, knapp hinterm Deich. Das Örtchen hat ungefähr eineinhalbtausend Einwohner, einen eigenwilligen Namen (nämlich Wewelsfleth), eine Werft, eine Dönerbude, eine Mehrzweckhalle, eine Kneipe, zwei Restaurants, einen Friseur, eine Bäckerei, einen Weinladen, eine Einrichtung für Suchtkranke, eine Sparkasse, einen Blumenladen, ein Elektrofachgeschäft, mindestens drei Zigarettenautomaten und zwei Edekas. Zwischen den beiden Supermärkten paßt nur ein schmaler Parkplatz und ein dreihundert Jahre altes, etwas schief wirkendes Haus, das vor fast vierzig Jahren von einem grimmigen Großschriftsteller mit noch größerem Gewissen gekauft und somit vor dem Abriß bewahrt worden ist. Als 1986 das nur fünf Kilometer entfernte Atomkraftwerk Brokdorf ans Netz ging, verließ der Schnauzbart den Ort, hinterließ in der Tiefkühltruhe eine Ratte und dem Berliner Senat das Haus, auf daß dieser in der eingemauerten Stadt lebende Autoren dorthin landverschickte, jeweils drei zur gleichen Zeit. Die Mauer ist längst weg, ich aber bin jetzt hier. Wenn man mit dem Fahrrad am Deich entlangfährt, immer geradeaus, ohne die Möglichkeit abzuzweigen, steigt in einem auch ein gewisses Mauergefühl auf. Allerdings ist diese Begrenzung grüner und es weiden Tiere drauf.